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Rede zum Volkstrauertag am 15. November 2015 von Helmut Falkenberg


´s Krieg!`s Krieg! Oh Gottes Engel wehre, und rede Du darein!
´s ist leider Krieg-und ich begehre nicht Schuld daran zu sein!
Was sollt ich machen, wenn im Schlaf mit Grämen
und blutig, bleich und blass,
die Geister der Erschlagnen zu mir kämen,
und vor mir weinten, was?
Wenn wackre Männer,die sich Ehre suchten verstümmelt und halb tot
im Staub sich vor mir wälzten und mir fluchten, in ihrer Todesnot?
Wenn tausend, Väter, Mütter, Bräute, so glücklich vor dem Krieg,
Nun alle elend, alle arme Leute, Wehklagten über mich?
Wenn Hunger,böse Seuch´und ihre Nöten Freund und Feind ins Grab
versammelten,und mir zur Ehren krähten von einer Leich herab?
Was hülf´mir Kron´und Land und Gold und Ehre?
Die könnten mich nicht freun!
´s ist leider Krieg- und ich begehre nicht schuld daran zu sein.

Diese Worte schrieb vor 200 Jahren Matthias Claudius, Guten Morgen meine Damen und Herren, die sie sich hier in Wanlo am Kriegergedenkmal am heutigen Volkstrauertag zusammen gefunden haben um einen Augenblick inne zu halten und sich der Schrecken der Kriege im vorigen Jahrhundert ins Bewusstsein zu rufen und der vielen Opfer zu gedenken. Krieg, meine Damen und Herren findet, Gott sei Dank, seit 70 Jahren bei uns nicht statt, aber in ferner sowie unmittelbarer Nähe sehr wohl, und deren Auswirkungen und Auswüchse, Wie die Ereignisse vorgestern in Paris zeigen, beschäftigen uns heute bis hin in unserer unmittelbaren Umgebung. Man mag darüber streiten, ob die Welt in diesen Jahrzehnten friedlicher im Vergleich zu vorangegangenen Zeiten geworden ist. Denn weiterhin stehen die Menschen, die Staaten und die Völkergemeinschaft vor dem Dilemma, den Frieden zu wollen und doch immer wieder mit dem Kriegsgeschehen konfrontiert zu sein. Mögen sich auch die Umstände ändern, die Grundmuster des Dilemmas sind nicht neu .Sind wir nicht alle aufgefordert unser moralisches Urteil zu fällen? denn auch wir hier sind Väter,Mütter, Brüder, Schwester und viele von uns stehen in unmittelbarer Beziehung zu Zerstörung,Tod,Not und Elend durch den Krieg und ist der Grund warum wir heute Vormittag hier stehen. Aber wie kann man reagieren auf die Erfahrungen der Kriegsgänge? wenn es kein Klischee wäre, könnte man die Worte als zeitlos bezeichnen, die Matthias Claudius vor über 200 Jahren gefunden hat, um die Möglichkeit des Menschen zu beschreiben, auf die Erfahrungen eines Krieges zu reagieren. Mit ihrer Klage und Rechtfertigung, ihrem Appell an Verantwortung und Gewissen umreißen die Formulierungen und den Handlungsspielraum, der sich auch heute jedem stellt, der angesichts der immer wiederkehrenden Realität des Krieges von Unruhe und Sorge umgetrieben wird. Die Internationale Staatengemeinschaft hat auf Kriege reagiert und Instrumente zur Konfliktschlichtung installiert, große finanzielle Leistungen kommen von Aussen um den Wiederaufbau zerstörter Volkswirtschaften und Lebensverhältnisse auf den Weg zu bringen.

Gleichwohl bleibt das Wissen um die Vergeblichkeit all dieses Tuns und nährt das Verzweifeln von dem Claudius spricht. Waffenstillstände und Friedensabkommen mögen signalisieren, die Kriege seien zum Ende gekommen .Die Waffen schweigen mitunter zwar, aber die Frieden stellt sich noch nicht ein. Vertrauen ist geschwunden und kann nicht wieder geschaffen werden, wenn Grenzen unter ethnischen Gesichtspunkten die Ergebnisse von Vertreibung und Flucht,- von der auch hier noch einige sicherlich in eigener Erfahrung eine Vorstellung haben, festschreiben. Die Not bleibt eine neue Heimat zu finden und sich dort sicher fühlen. In früheren Zeiten schlugen sich die gesellschaftlich verbindenden Normen in Glaubensgrundsätzen nieder. Heute stehen sich die Menschen in säkulären Gesellschaften mehr und mehr in der Situation selbst entscheiden zu müssen. Eine Situation, die sich in den Zeiten unterscheidet, in denen Claudius sich noch unbefangen an seinen Gott wenden konnte.

Auf die Frage von Claudius:“was soll´t ich machen“? muss man der Friedensethik Antworten finden lassen. Friede lässt sich nicht mit Waffengewalt schaffen, sondern er kann nur dauerhaft aus den Quellen und mit den Mitteln der Gewaltfreiheit entstehen, das heißt : er muss gestifetet werden. Die Rede vom Frieden stiften verbindet sich mit der Einsicht das sich der Frieden aus Akten der Freiheit, der Einsicht und des Gewaltverzichts hervorgehen muss. Wenn etwas zu stiften ist, geht es darum, von sich abzusehen und etwas Zusätzliches zu geben, in der Hoffnung, daß es in Zukunft Früchte trägt. Hoffnung, Zuversicht, Frieden, das sind die DREI , abgesehen von der Liebe, die wir den zu Gedenkenden versprechen sollten, zu vermitteln, zu leben und zu geben.

Wir können die Toten nicht zurück ins Leben holen, wir können ihnen aber zusagen dass wir mit aller Kraft versuchen für Gerechtigkeit und Frieden in der Welt bis in unsere Gemeinschaft hinein einzutreten und zu schützen. Und lassen sie mich schließen mit einem kleinen Gedicht von Peter Härtling: Wenn jeder eine Blume pflanzte, Ein jeder Mensch auf dieser Welt, und statt zu schießen , tanzte und mit Lächeln zahlte statt mit Geld, wenn ein jeder einen andren wärmte keiner mehr von seiner Stärke schwärmte, keiner mehr den andren schlüge keiner sich verstricke in der Lüge, wenn die Alten wie die Kinder würden, sie sich teilten in den Bürden, wenn das WENN sich leben ließ, wärs noch lang kein Paradies Bloß die Menschenzeit hätt angefangen die in Streit und Krieg uns beinah ist vergangen.
Ich Danke f. Aufm.


DORFINTERESSENGEMEINSCHAFT WANLO e.V.
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